Rechtliches & Soziales

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Besonderheiten bei gesetzlichen Leistungen:

• Längerer Mutterschutz und damit längerer Bezug von Mutterschaftsgeld: Bei einem Geburtsgewicht von weniger als 2.500g erhöht sich die Bezugsdauer – ebenso wie bei Mehrlingsgeburten – von insgesamt 14 auf 18 Wochen. Eine entsprechende Bescheinigung wird von der Klinik ausgestellt und ist beim Arbeitgeber einzureichen.
Durch eine zu frühe Geburt entstehen keine Nachteile bei der Bezugsdauer, da es für diese unerheblich ist, ob der Mutterschutz schon vor dem Geburtstermin begonnen hat. Allerdings ist zu beachten, dass sich dadurch gegebenenfalls die Bezugsdauer des Elterngeldes verkürzt, da das Mutterschaftsgeld in voller Höhe auf das Elterngeld angerechnet wird.

• Elterngeldbezug und Elternzeit: Maßgeblich für die Bezugsdauer des Elterngeldes bzw. die Inanspruchnahme von Elternzeit ist das chronologische (unkorrigierte) Alter, also das tatsächliche Geburtsdatum. Mehr zu diesem Thema: http://www.fruehgeborene.de/projekte/petition-elterngeld

• Nettoersatzzahlungen bei Frühgeburt: Sind Kinder (direkt nach der Geburt oder auch zu einem späteren Zeitpunkt) stationär im Krankenhaus aufgenommen und die Ärzte bescheinigen, dass die Anwesenheit beider Elternteile aus medizinischer Sicht sinnvoll und notwendig ist (was sich bei Frühgeborenen durch Känguruhen, Gespräche mit den Ärzten, Füttern, Wickeln etc. begründen lässt), können von der gesetzlichen Krankenkasse Nettoersatzleistungen beantragt werden. Hierzu stellen die Ärzte ein Attest mit einer Begründung aus, das bei der Krankenkasse eingereicht wird. In diesem Fall ist unbezahlter Urlaub zu nehmen, der entgangene Nettolohn für diese Zeit wird dann von der Krankenkasse übernommen. Weitere Informationen zum Vorgehen erfragen Sie am besten bei Ihrer Krankenkasse (der des Vaters) und bei Ihrem Arbeitgeber. 
Gegebenenfalls ist es hilfreich, sich mit der Station oder der Sozialmedizinischen Nachsorge in Verbindung zu setzen, um das Vorgehen bei diesem Sachverhalt zu besprechen (siehe Rubrik Wir dürfen nach Hause, Familienzentrum Karlsruhe).

• Haushaltshilfe: Eine Haushaltshilfe kann nur genehmigt werden, wenn sich ältere Kinder im Haushalt befinden. Wenn die Kinder (und ggfs. auch die Mutter) im Krankenhaus zu betreuen sind, ist keine „Notwendigkeit“ von Seiten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen gegeben.
Auch besteht unter gewissen Umständen die Möglichkeit, Ausgaben für Fahrtkosten von Verwandten oder Freunden (z.B. Großeltern), die regelmäßig die Betreuung der eigenen Kinder übernehmen, bei der Steuer geltend zu machen. Näheres dazu hier: https://www.test.de/Kinderbetreuung-Steuern-sparen-mit-Oma-5243259-0

Hebamme: Bis zum zenten Tag nach der Geburt hat jede Frau Anspruch auf mindestens einen Hebammenbesuch täglich. Bis Ihr Kind 12 Wochen alt ist können Sie zusätzlich 16 weitere Male Ihre Hebamme um Rat und Hilfe bitten. Bei Stillproblemen oder Ernährungsschwierigkeiten können Sie anschließend noch 8 Mal Kontakt zur Hebamme aufnehmen. Weitere Besuche sind auf Verordnung während des ganzen ersten Lebensjahres von den Kassen akzeptiert, wenn der Kinder- oder Klinikarzt diese ausstelt. Bei längerer Dauer empfiehlt es sich jedoch, vorher mit der Kasse zu sprechen.

• Einen guten Überblick über mögliche Hilfen und begleitende Musteranträge gibt auch der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ e.V.: http://www.fruehgeborene.de/fuer-betroffene/musterantraege

Besonderheiten bei der Krankenversicherung:

Da der Klinikaufenthalt von Frühgeborenen erhebliche Behandlungskosten (u.U. im fünfstelligen und bei schweren Fällen sogar im sechsstelligen Bereich) verursachen kann, ist es wichtig, das Kind rechtzeitig bei einer Krankenversicherung anzumelden. Unproblematisch ist dies, wenn verheiratete Eltern beide bzw. – bei unverheirateten Paaren – die Mutter einer gesetzlichen Krankenversicherung angehören, da dann die Familienversicherung greift und Kinder beitragsfrei mitversichert sind. Da reicht zunächst ein Anruf bei Ihrer Krankenkasse, die Ihnen dann den Antrag auf Familienversicherung nach Hause schicken wird. Die dann erstellte Krankenkassenkarte des Kindes muss dann an der Rezeption des Krankenhauses vorgelegt werden.
Ist aber bei verheirateten Eltern mindestens ein Elternteil bzw. bei unverheirateten Eltern die Mutter privat versichert, muss das Kind separat krankenversichert werden. Die Fristen für die Anmeldung bei einer Privatversicherung betragen 2 Monate nach Geburt eines Kindes, bei der Anmeldung bei einer gesetzlichen Krankenkasse 3 Monate. Diese Fristen sind unbedingt einzuhalten, da ansonsten die Krankenkassen nicht mehr zur Aufnahme des Kindes verpflichtet sind. Daher unser Rat: Auch wenn Sie nach der Geburt Ihres Kindes gerade anderes im Kopf haben – falls Sie keine Familienversicherung haben, setzen Sie sich bitte rechtzeitig mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung, um eine Übernahme der Kosten für die Behandlung Ihres Kindes abzuklären.

Sie können sich von Ihrer Krankenkasse die Fahrtkosten zum Besuch und zur Versorgung des Kindes in der Klinik erstatten lassen. Dies geschieht aber nur, wenn die Fahrt aus medizinischen Gründen notwendig ist, was ein Arzt bestätigen muss. Zumeist ist bei Frühgeborenen die medizinische Notwendigkeit nicht gegeben, es geht hier mehr um eine psychologische Notwendigkeit für Eltern und Kind. Deshalb ist es wichtig, ausführlich auf die Bedeutung der intensiven Betreuung des Kindes durch die Eltern von Anfang an hinzuweisen. Einige Argumente für die Krankenkassen, warum auch sie dadurch Vorteile hat:
Der Klinikaufenthalt des Kindes wird meist verkürzt, da Untersuchungen gezeigt haben, dass die intensiv betreuten Kinder schneller das Trinken lernen, Sättigungsabfälle seltener sind und die Eltern frühzeitig mit den speziellen Schwierigkeiten der Versorgung von Frühchen vertraut sind.
Der Transport der Muttermilch in die Klinik ist von hoher Bedeutung für die Gesundheit des Frühgeborenen.

Der Eigenanteil an den Fahrtkosten liegt nach § 61 SGB V bei je Fahrt 10% der entstandenen Kosten, mind. Euro 5,-, höchstens jedoch 10,- EUR. Benutzt werden dürfen alle öffentlichen Verkehrsmittel oder das Taxi (wenn öffentliche Verkehrsmittel nicht genutzt werden können). Bei Benutzung eines Privat-PKW werden 0,22 EUR/km erstattet, jedoch nur bis zur Höhe der Kosten, die bei einer möglichen Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären. § 62 SGB V regelt die Ermittlung der persönlichen Belastungsgrenze für die Zuzahlung, hier gilt dieselbe Regelung wie für Arzneimittel.

Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung

Grundsätzlich wird allen Eltern geraten, die für ihre zu früh geborenen Kinder einen erheblichen Mehraufwand an Pflege bzw. Betreuung haben, zeitnah einen Antrag auf Pflegegeld bei ihrer Krankenkasse zu stellen, gebenenfalls auch durch eine persönliche Vorsprache (eine rückwirkende Bewilligung ist nicht möglich). Eine dauerhafte Behinderung des Kindes muss dafür nicht unbedingt vorliegen, es reichen zum Beispiel gegebenenfalls Fütterstörungen oder umfangreiche therapeutische Maßnahmen. Die Bewilligung eines solchen Antrags hat auch positive Auswirkungen auf die Sozialversicherungsansprüche der pflegenden Person.

Mehr Infos unter: www.mds-ev.de

Sehr zu empfehlen sind in diesem Zusammenhang auch die Podcastfolgen zum Thema „Über Schwerbehinderung und Pflegebedürftigkeit“ vom 17.01.2020: